Puh, Woche 3/10. Wer hätte gedacht, dass ich in so kurzer Zeit so viele Wegbegleiter erhalten würde. Vollkommen unfreiwillig und krass und epochal … auf einmal steht die Welt still und das ist dann wohl der Moment kurz bevor sie sich umkehrt. So wie alles, das sich in Bewegung befindet und die Richtung dieser Bewegung verändert.
Wenn ich mich in meinem Auto fortbewege bis eine Kurve kommt, muss ich langsamer fahren, je schärfer die Kurve ist, umso langsamer werde ich. Und wenn ich nicht mehr einsehen kann, wohin der Weg führt, muss ich anhalten um zu checken wo ich lang muss. Bevor wir die Richtung ändern halten wir kurz inne. Fast so als würden wir dem Moment der Umkehr eine besondere Aufmerksamkeit widmen. Sind wir in unserer Gesellschaft gerade an einem solchen Wendepunkt? Es scheint so.
Ich wollte 10 Wochen lang unperfekte Dinge in die Welt bringen und mal schauen, was mit mir und meinem Umfeld in diesen Bereichen passiert. Aber dieses unperfekt in allen Bereichen gleichzeitig wollte ich ja nun wirklich nicht haben. Und es werden wohl mehr als nur 10 Wochen. Und jetzt? Jetzt hilft alles nix und wir müssen wohl inne halten und schauen in welche Richtung sich die Bewegung fortsetzen wird. Jetzt sind wir quasi gezwungen Dinge unperfekt zu tun weil wir sie nicht mehr so tun können wie vorher. Das Geschäft steht still, meins, deins, und die anderen auch. Einige wenige sind dafür umso mehr Belastungen ausgesetzt und wenn die heiße Phase vorbei ist wissen wir nicht, wie lange sie brauchen um sich davon zu erholen. Auch wir wissen nicht, wie lange wir uns erholen werden.
Was hat das mit dieser unperfekt!challenge zu tun? Alles was nach dieser Situation, in der wir uns als Gesellschaft befinden kommen wird, wird nicht mehr so funktionieren wie bisher. Wir werden nicht an unsere Arbeitsplätze zurück kehren und die alten Prozesse wieder aufnehmen. Zumindest werden wir diese Prozesse vor dem Hintergrund eines anderen Erfahrungshorizontes bewerten. Auch wenn unsere Prozessse bleiben, ändern sich die unserer Kunden und Partner, so dass wir uns anpassen müssen. Wir dürfen uns daran gewöhnen, die Dinge unperfekt zu tun. Ein ganz schönes Durcheinander. Im Fall der Krise sind unsere Handlungsoptionen sehr eingeschränkt. Um darin nicht verloren zu gehen, müssen wir uns das Gefühl von Handlungsfähigkeit zurück holen. Das haben auch Sunla und ich gemacht :)
Sunla hat, wie abgesprochen, angefangen kurze Geschichten zu ihren besonderen Bildern zu schreiben und sie online zu stellen. Sie hätte sich hinter den aktuellen Entwicklungen verstecken können oder hinter den "bezahlten" Aufträgen, die sich noch zu erledigen hat. Darüber haben wir gesprochen und sie sagte
Ich verstecke mich nicht hinter dem Ausnahmezustand, sondern erfülle meinen Teil der Verantwortung.
Ich hätte mich auch hinter der Ausnahmesituation verstecken können. Mein Partener und ich sind beide selbstständig und ab und an rollt die Panikwelle durch unseren Alltag. Und was sollte ich überhaupt schreiben? So tun als wäre ich allein in der Unperfektion unterwegs? Als wäre alles ganz normal? Und sowieso haben alle mit ihren Dingen zu tun. Und beinahe hätte ich es auch gemacht, mich versteckt. Gut, dass Sunla da ziemlich streng ist ;) Jetzt sitze ich hier und schreibe meine unperfekte Mail mit mehr Leichtigkeit als an den Freitagen zuvor. Und das ist unser Zwischenfazit bisher: Was du mit Schaudern wahrnimmst, wird irgendwann normal. Und wir denken das gilt für alle Lebensbereiche - positive wie negative. Damit wir Menschen nicht in Lethargie oder Ohnmacht der Negativität verfallen, dürfen wir uns reduzieren und auf das Wesentliche konzentrieren.
Wir brauchen Bereiche, in denen wir uns als handlungsfähig erleben. Für mich ist diese Challenge so ein Bereich. Es ist ein Raum für Entfaltung. Erst recht in dieser turbulenten Zeit.
Wo ist dein Raum für Entfaltung? Wo gehst du hin, wenn du dich nicht hinter der Ausnahmesituation versteckst?
In diesem Raum braucht es den Mut und das Bewusstsein für unperfekte Projekte, Produkte, Prozesse und Ideen, die aus dieser Krise geboren werden. Im Umgang untereinander stellen wir fest, dass die Menschen aufmerksamer sind und die Aggressionen im Alltäglichen abgenommen haben und aus dieser Wechselwirkung ist sowas wie Solidarität entstanden. Und ja, natürlich auch Hände waschen und sich physisch distanzieren sind wichtige Aspekte. Aber auch und vor allem die anderen Themen, die ich beschrieben habe brauchen wir um als Menschen und Unternehmen gestärkt aus dieser Krise zu gehen. Es geht hier nicht um den einzelnen. Wir müssen beginnen weiter zu denken als nur an uns. Und dafür brauchen wir Mut.
Ich wünsche dir Mut, Konzentration auf das Wesentliche und einen handlungsfähigen Raum für Entfaltung. Bis Freitag.
Katharina